LfD Niedersachsen verhängt 10.400.000 Euro Bußgeld gegen notebooksbilliger.de AG

Niedersachsen: Die Landesbeauftragte für den Datenschutz des Landes Niedersachsen, Barbara Thiel, verhängte das Bußgeld gegen den Online-Versandhändler, weil das Unternehmen seine Mitarbeiter ohne vertragliche Grundlange in einem Zeitraum von mindestens zwei Jahren mit Videokameras überwacht hatte. Die Kameras erfassten mitunter die Arbeitsplätze, die Verkaufsräume, sowie die Lager und Aufenthaltsbereiche. Ebenso erfolgte die Videoüberwachung pauschal und weder auf bestimmte Mitarbeiter noch auf eine bestimmte Zeitspanne begrenzt und die Videoaufzeichnungen wurden oftmals für 60 Tage und damit für wesentlich länger als erforderlich gespeichert.
Die Beklagte berief sich darauf, dass die Videoüberwachung dem Schutz und der Aufklärung von Straftaten sowie der Nachverfolgung des Warenflusses in den Lagern diente. Die Behörde stellte jedoch nichtsdestotrotz die Unzulässigkeit einer solchen zeitlich unbefristeten Pauschalüberwachung fest und betonte, dass das Unternehmen zur Prävention von Straftaten erst mildere Methoden hätte anwenden müssen. Eine Videoüberwachung für diesen Zweck, die dann auch nur zeitlich begrenzt erfolgen darf, sei nur dann erlaubt, wenn gegen die zu überwachende Person ein begründeter Verdacht besteht. Die vermeintlich abschreckende Wirkung der vom Verantwortlichen durchgeführten Pauschalüberwachung rechtfertige keinen grundlosen und permanenten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter.
Auch Kunden des Unternehmens wurden durch die Kameras erfasst, da einige davon auf Sitzgelegenheiten in dessen Verkaufsräumen ausgerichtet waren. Thiel hob hervor, dass die Videoüberwachung auch in diesen Fällen nicht verhältnismäßig war, da die Betroffenen, die sich in diesen Bereichen üblicherweise länger aufhalten (bspw. um sich Geräte genauer anzuschauen), über hohe schutzwürdige Interessen verfügen. Diese wiegen schwerer, als die zuvor ausgeführten Interessen des Verantwortlichen. 
Das Unternehmen hat als Reaktion auf das Bußgeld die Videoüberwachung rechtlichen Vorgaben angepasst und einen entsprechenden Nachweis an die LfD Niedersachsen erbracht.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Notebooksbilliger.de kritisiert in einer am 8. Januar 2021 veröffentlichten Pressemitteilung den Bußgeldbescheid als unverhältnismäßig und unrechtmäßig und kündigt darin an, Einspruch dagegen zu erheben. Gegenüber dem Computermagazin c′t gibt Firmengründer Arnd von Wedemeyer an, dass der Bußgeldbescheid bereits im Dezember eingegangen und der Einspruch bereits erfolgt ist. Das Unternehmen erklärt in seiner Mitteilung, dass die Videoüberwachung zur Verfolgung der Warenflüsse bei Lagerung, Verkauf und Versand von hochwertigen IT-Produkten genutzt wird und Aufzeichnungen allenfalls nur nachträglich auf Hinweise untersucht werden. Weiterhin beklagt sich notebooksbilliger.de, dass während der Dauer des dreijährigen Verfahrens trotz mehrmaliger Einladung kein Behördenmitarbeiter sich die Kameras vor Ort angesehen hätte. 
Rechtlich vertreten wird das Unternehmen von Hanno Timner von der Kanzlei Morrison & Foerster und vom Strafverteidiger Uwe Freyschmidt. Die beiden Rechtsanwälte hatten bereits vor dem Landgericht Bonn für 1&1 eine deutliche Reduktion des Bußgelds erstritten. Neben der Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit kündigt Freyschmidt an, vor Gericht auch weitere Fragen auf den Prüfstand stellen zu wollen. Einen konkreten Verstoß einer Leitungsperson bei notebooksbilliger.de stellte die Aufsichtsbehörde nicht fest. Insbesondere hierzu fordert der Strafrechtler Klärung.
Der Online-Versandhändler erwirtschaftete im Jahr 2017 ingesamt 785 Mio. Euro Umsatzerlöse, im Jahr 2018 waren es 878 Mio. Euro. Als Gewinn wurde im Jahr 2017 in der Bilanz 41,13 Mio. Euro ausgewiesen. Im Jahr 2018 waren es  57 Mio. Euro Bilanzgewinn. Laut Angaben der Unternehmenswebseite beläuft sich der Umsatz für das Jahr 2019 auf 900 Mio. Euro. Damit beträgt das Bußgeld 1,16 Prozent des Umsatzes des Vorjahres. In der Topliste der umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland belegt notebooksbilliger.de Platz 4.
Beschäftigt wurden laut Bilanz im Jahr 2018 ingesamt 335 Mitarbeiter, laut Webseite werden Stand 8. Januar 2021 mehr als 800 Mitarbeiter beschäftigt. Nach der Definition des Bundesamts für Statistik zählt die notebooksbilliger.de AG damit zu den Großunternehmen, von denen es in Deutschland nur 0,6 Prozent gibt. In der Pressmitteilung bezeichnet CEO Oliver Hellmold das Unternehmen als überschaubaren Mittelständler. .

Veröffentlicht am: 08-01-2021

Quelle von dsgvo-portal.de

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